Häuser aus Strohballen Ökologisch und nachhaltig

Warum sie Häuser aus Strohballen baut, wurde Friederike Fuchs schon oft gefragt. Und ob die Häuser nicht leichter brennen oder verschimmeln. „Es gibt immer noch viele Vorbehalte gegenüber dem Bauen mit Stroh", sagt die Architektin und Strohbau-Expertin aus Berlin. Dabei sind die meisten Bedenken völlig unbegründet.

 

 

Vereinsgebäude der Ökostation Prenzlau in der UckermarkStrohballenhäuser sind ökologisch und nachhaltig. Stroh steht als landwirtschaftliches Abfallprodukt in großen Mengen zur Verfügung. Es ist in unseren Breiten regional verfügbar, es gibt keine weiten Transportwege. Dazu kommen die fantastischen Wärmedämmeigenschaften des
Strohs. Strohballenhäuser können Niedrigenergiehaus und sogar Passivhausstandard erreichen", fasst Friederike Fuchs die wichtigsten Vorteile zusammen. Seit über zehn Jahren setzt sie als Zimmerin und Architektin ökologische Baukonzepte um. Als STROH unlimited plant und baut sie seit fünf Jahren Strohballenhäuser. Außerdem engagiert sie sich im Fachverband Strohballenbau (FASBA) für die Weiterentwicklung des Strohballenbaus.
Die Idee, Häuser aus Strohballen zu bauen, ist nicht neu. Seit der Erfindung der Strohballenpresse am Ende des 19. Jahrhunderts wurden Häuser aus Strohballen gebaut. Die ersten Bauten in lasttragender Bauweise entstanden im holzarmen Bundesstaat Nebraska in den USA. Einige Gebäude sind heute immer noch erhalten. Obwohl die einstigen Pioniere des Strohballenbaus eher aus Mangel an anderen Materialien zum Stroh als Baustoff griffen, zeigen die heutigen Strohballenbauten, dass sich mit Strohballen Häuser für vielfältige Bedürfnisse und in höchster Qualität bauen lassen.

 

Konstruktionsweisen

Grundsätzlich wird im Strohballenbau zwischen zwei Konstruktionsarten unterschieden: der lasttragenden und der nicht lasttragenden Bauweise. Bei der lasttragenden Strohballenbauweise bestehen die Wände gänzlich aus verputzten Strohballen, die wie Mauersteine aufeinander geschichtet werden und die Dachlast ohne Stützen in die Fundamente ableiten. Ein- bis zweigeschossige Gebäude können auf diese Art errichtet werden. Strohballenhäuser in lasttragender Bauweise sind sehr selbstbaufreundlich und können unter Anleitung auch von Menschen ohne Bauerfahrung in kurzer Zeit errichtet werden. Aus wärmetechnischer Sicht sind sie besonders sinnvoll, da kaum materialbedingte Wärmebrücken auftreten. Während in anderen Ländern viele Gebäude in lasttragender Bauweise errichtet werden, ist hierzulande eine Baugenehmigung fast ausschließlich für die Holzständerbauweise zu bekommen.

Vorbereiten der Strohballen Bei der nicht lasttragenden Bauweise wird die Dachlast von einem Holzständerwerk getragen und die Zwischenräume werden mit Stroh ausgefüllt. Die Strohballen übernehmen lediglich die Funktion der Wärmedämmung und des Wandabschlusses. Diese Konstruktionsart wird Holzständer- oder Holzrahmenkonstruktion genannt. Bis zu dreigeschossige Gebäude sind bisher in dieser Bauweise errichtet worden. Die Holzständer- oder Holzrahmenkonstruktion hat gegenüber der lasttragenden Bauweise den Vorteil, dass der Bauprozess wetterunabhängig gestaltet werden kann, da das Dach vor den Stroharbeiten aufgerichtet wird.

Balleneigenschaften

Für den Bau von Strohballenhäusern werden quaderförmige Kleinstrohballen verwendet. Die Höhe variiert zwischen 32 und 35 cm, die Breite zwischen 45 und 50 cm und die Länge zwischen 50 und 120 cm. Vereinzelt wird auch mit größeren Ballen gearbeitet. Beim Pressen von Strohballen ist neben der richtigen Abmessung darauf zu achten, dass die Ballendichte mindestens 90 kg/m3 und der Feuchtegehalt weniger als 15 Prozent beträgt, dass die Strohballen maßhaltig sind und dass der Anteil an Verunreinigung durch Kräuter gering ist. Die Strohballen müssen nicht chemisch behandelt werden, um als Baustrohballen verwendet werden zu können.
„Wer organische Bauformen mag, hat bei einem Strohballenhaus viele Möglichkeiten", erläutert Friederike Fuchs. Wie bei kaum einer anderen Bauweise ist das Material flexibel in Rundungen zu formen. „Nischen können aus dem Stroh herausgearbeitet werden. Statt rechteckige Putzkanten mit Putzschienen herzustellen, bieten sich abgerundete Gebäudeecken und Fensterleibungen an", ergänzt die Architektin.

 

Feuchteschutz

Strohballen dürfen niemals feucht werden, da sie sonst ihre Dämmwirkung verlieren und das Risiko besteht, dass sich Schimmelpilze bilden. Deshalb muss von der Ernte des Strohs bis zum Einbau der Ballen darauf geachtet werden, dass das Stroh vor Feuchtigkeit geschützt ist. Darüber hinaus muss bei der Konstruktion eines Strohballenhauses besonders auf konstruktiven Feuchteschutz Wert gelegt werden, zum Beispiel auf einen ausreichenden Dachüberstand sowie eine Feuchtigkeitssperre gegenüber dem Boden. Ein idealer Innenputz eines Strohballenhauses besteht aus Lehm, aufgebracht in mehreren Lagen. Steigt die Raumluftfeuchte für kurze Zeit stark an, so kann Lehm die eindringende Feuchtigkeit rasch aufnehmen und später wieder abgeben. Neben Lehmputz wird in der Bundesrepublik häufig Kalkputz als Außenputz verwendet.

 

Brandschutz

Strohballen erfüllen die Voraussetzungen für den Brandschutz und wurden der Kategorie B2 (normal entflammbar) zugeordnet. Da das Stroh nicht lose sondern in gepressten Ballen eingesetzt und beidseitig verputzt wird, steht der für die Verbrennung nötige Sauerstoff nicht zur Verfügung.
Eine vom Fachverband Strohballenbau (FASBA) initiierte Prüfung (nach EN 1365-1 1999-10) des Feuerwiderstands an der Materialprüfanstalt für das Bauwesen (MPA) in Braunschweig ergab für eine beidseitig mit 3 cm Lehmputz verkleidete Strohballenwand einen Feuerwiderstand von über 90 Minuten. Dies entspricht der Feuerwiderstandsklasse F-90 nach DIN 4102-2.

 

 

Ökosiedlung Berlin-Johanisthal, Strohballenhaus

Ökologisch und nachhaltig

Das Bauen und Bewohnen von konventionell gebauten Häusern ist sehr ressourcenintensiv und beeinflusst in bedeutendem Maße den Treibhauseffekt und einen möglichen Klimawandel. Der Einsatz von Bau- und Dämmstoffen, die mit geringem energetischen Aufwand hergestellt werden, ist für den Klimaschutz unumgänglich. Ebenso tragen gut wärmegedämmte Gebäude zur Einsparung von Heizenergie und somit von CO2-Emissionen bei.

Stroh ist ein nachhaltiger und regional verfügbarer Rohstoff. Strohballen werden aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen und sind somit CO2-neutral. Sie besitzen einfache Rückbaumöglichkeiten und können am Ende ihrer Lebensdauer unproblematisch entsorgt werden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Bau- und Dämmstoffen sind Strohballen und die meisten anderen Naturdämmstoffe sehr energiearm in der Herstellung. Beispielsweise werden für die Herstellung von Strohballen nur 14 MJ/m3 Energie benötigt, für Mineralwolle hingegen 1077 MJ/m3, also das 77-fache.
„Wer sich für ein Strohballenhaus entscheidet, genießt ein hohes Maß an Lebensqualität", findet Friederike Fuchs. „Es ist ein gutes Gefühl, zu wissen, dass die Strohballen vom Acker nebenan kommen. Durch die sehr guten Dämmeigenschaften der Wände wird weniger Heizenergie verbraucht. Und sollte das Haus einmal abgerissen werden müssen, kommt das Stroh zurück auf den Acker. Da es nicht chemisch behandelt wird, kann es einfach untergepflügt werden."